Inflation und Deflation einfach erklärt

Gestern trafen sich die europäischen Währungshüter nicht wie sonst üblich an ihrem Hauptsitz in Frankfurt, sondern in Brüssel. Hier verkündete der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) den aktuellen Zinsbeschluss zum europäischen Leitzins. Obwohl einige Geldexperten vom Zinsentscheid der Europäischen Zentralbank eine Senkung des Leitzinses auf 0% erwarteten, erklärte Mario Draghi auf der Pressekonferenz in der belgischen Hauptstadt, dass der Leitzins, der im November letzten Jahres auf 0,25% abgesenkt worden war, auch weiter unverändert auf diesem Niveau bleibt. In einem früheren Beitrag habe ich bereits über den Leitzins und seine Bedeutung für den einzelnen Sparer aber auch für den Geldmarkt allgemein berichtet.

Angst vor Deflation regt zu Spekulationen um sinkenden Leitzins an

Als Grund für die Spekulationen und Forderung nach einer weiteren Senkung des Leitzinses wird oft die geringe Inflationsrate im Euroraum genannt. Die Inflationsrate stieg zwar im letzten Monat um 0,2 Prozentpunkte auf 0,7 Prozent, liegt aber noch immer weit hinter den anvisierten 2 Prozent zurück. Vielfach ist auch von der Furcht vor einer drohenden Deflation die Rede.

Viele Leser werden sich fragen, was an einer niedrigen Inflationsrate nachteilig sein kann und welche Konsequenzen eine Deflation für unsere Wirtschaft hat. Dieser Beitrag soll hier ein paar grundlegende Infos zu den Begriffen Inflation und Deflation liefern. Neben der Definition wollen wir klären, wie sie entstehen und welche Bedeutung für den Verbraucher dahinter steckt.

Inflation Deflation

Was versteht man unter Inflation und Deflation?

Per Definition ist die Inflation der dauerhafte Anstieg des allgemeinen Preisniveaus. Dies bedeutet, dass sich Waren und Dienstleistungen kontinuierlich verteuern. Im Ergebnis führt das dazu, dass sich der Verbraucher im Zeitablauf für einen bestimmten Geldbetrag zunehmend weniger kaufen kann. Man spricht deshalb auch von Kaufkraftverlust oder Geldentwertung.
Im Gegensatz dazu handelt es sich bei der Deflation um den Rückgang des allgemeinen Preisniveaus. Dies bedeutet nicht der Preisverfall bei bestimmten Produkten, wie technische Artikel oder einzelner Warengruppen, sondern das allgemeine Niveau für Waren und Dienstleistungen. Da das Geld an Wert gewinnt steigt die Kaufkraft. Verbraucher bekommen im Zeitverlauf morgen für dasselbe Geld mehr Produkte und Leistungen als heute.

Die Ursachen und Konsequenzen für Inflation und Deflation

• Die Inflation:

Es gibt vielfältige Gründe für die Inflation. Als klassische Ursache für eine Inflation gilt falsche Geldpolitik – nämlich, dass die Geldmenge schneller wächst als die Gütermenge.
Übersteigt die Nachfrage das Angebot und ist auf Verbraucherseite genügend Geld vorhanden, können Anbieter von Waren und Dienstleistungen höhere Preise verlangen. Zu Inflation kann es auch kommen, wenn die Preise für Rohstoffe oder die Löhne steigen und von den Produzenten und Dienstleistern über höhere Preise an die Verbraucher weitergegeben werden. In der Konsequenz bekommt der Verbraucher für sein Geld weniger Waren. Vor allem aber verlieren auch seine Ersparnisse zusehends an Wert.
Die Angst vor weiter steigenden Preisen und dem Verlust der Sparvermögen lässt das Vertrauen in den Wert des Geldes und eine relative Preisstabilität sinken.

• Die Deflation:

Auch für die Deflation gibt es verschiedene Gründe. Einer davon kann Wachstum und höhere Produktivität und der damit verbundene Preisverfall sein. Wächst die Geldmenge nicht parallel mit der gestiegenen Produktion, müssen die Hersteller zwangsläufig die Preise senken. Dies führt aber letztendlich dazu, dass Verbraucher Anschaffungen insbesondere für langlebige Konsumgüter in der Hoffnung auf weiter sinkende Preise zunehmend hinauszögern, was die Nachfrage weiter sinken lässt. Unternehmen müssen nun nicht mehr nur Preise senken, sondern auch Investitionen zurückfahren und ihre Produktion zusehends drosseln, was letztendlich wieder zu steigenden Arbeitslosenzahlen und wachsenden Existenzängsten führt. Menschen, die sich aber um ihr Einkommen oder ihren Arbeitsplatz sorgen müssen, kaufen weniger. So entsteht eine zunehmende Abwärtsspirale.

Welche Auswirkungen eine Deflation haben kann, zeigte sich beispielsweise in der Weltwirtschaftskrise der 1930er Jahre. Zwischen 1929 und 1933 kam es in vielen Industrieländern zu einem starken Verfall der Verbraucherpreise. In Deutschland sanken diese um 30%. Daraufhin stieg die Arbeitslosigkeit dramatisch an. Während in Deutschland 1929 noch 1,9 Millionen Arbeitslose gezählt wurden, waren es im Jahr 1932 bereits 5,6 Millionen.

Um derartigen Entwicklungen vorzubeugen ist eine vorausschauende Geldpolitik notwendig.