Privatinsolvenz – neue Regelungen, Tipps und Hilfreiches

Die Privatinsolvenz gibt einer überschuldeten Person die Möglichkeit, sich nach einer bestimmten Zeit von den Schulden zu befreien. Allerdings schreibt der Gesetzgeber genauestens vor, welche Voraussetzungen hierfür erfüllt sein müssen. Welche es genau sind, wie das Insolvenzverfahren abläuft und was gepfändet werden darf, erklärt dieser Artikel.

Was ist unter einer Privatinsolvenz zu verstehen?

Die Privatinsolvenz, welche auch als Verbraucherinsolvenz bezeichnet wird, steht für die Überschuldung von Haushalten und Personen, welche ihren Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen können. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Verschuldung durch Internet-, Versandhausbestellungen, Kreditkartennutzung oder Ratenkauf entstanden ist. Ausschlaggebend ist lediglich, dass die Privatperson nicht länger in der Lage ist, seine Verbindlichen aus eigener Kraft abzubezahlen. Das Verbraucherinsolvenzverfahren kommt für Verbraucher und demnach für natürliche Personen in Frage.

Gibt es Unterschiede zwischen einer Privat- und einer Regelinsolvenz?

Das Regelinsolvenzverfahren richtet sich an Personen, die Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit erzielen, demzufolge Unternehmer, Gewerbetreibende und Freiberufler. Aber auch für ehemalige Selbstständige mit Schulden aus Arbeitsverhältnissen oder mit über 20 Gläubigern. Alle anderen Personen müssen das Verbraucherinsolvenzverfahren durchlaufen. Hierunter fallen unter anderem Rentner, Arbeitslose, Hausfrauen/-männer sowie Arbeitnehmer. Welches Verfahren konkret zu durchlaufen ist, spielt keine große Rolle, zumal eine Restschuldbefreiung in beiden Fällen nach sechs Jahren (unter bestimmten Voraussetzungen auch nach fünf oder drei Jahren) möglich ist. Auch der Ablauf der Insolvenzverfahren unterscheidet sich nur geringfügig. Während dem Privatinsolvenzverfahren grundsätzlich ein außergerichtlicher Vergleich vorausgehen muss, kann der Antrag auf Regelinsolvenz sofort gestellt werden.

Der Weg in die Schuldenfreiheit

Wie ist der Ablauf der Privatinsolvenz?

Der Ablauf der Privatinsolventzs erfolgt in drei Stufen

  1. Freiwilliger Schuldenerlass
  2. Die gerichtliche Verhandlung
  3. Restschuldbefreiung

 

1. Der freiwillige Schuldenerlass

Bevor die eigene Insolvenz vor Gericht verhandelt wird, ist es unabdingbar, einen Einigungsversuch mit den Gläubigerparteien zu versuchen. Ziel dabei ist es, sich mit den Gläubigern bei der Rückführung bestehender Verbindlichkeiten außergerichtlich sowie gütlich zu einigen. Bei einem derartigen außergerichtlichen Einigungsversuch muss eine geeignete Stelle und demnach ein Rechtsanwalt, ein Steuerberater oder aber zumeist eine geeignete Schuldnerberatung beteiligt und involviert sein. Im Rahmen einer persönlichen Beratung sind dem Schuldnerberater die eigenen Vermögensverhältnisse offen zu legen, wobei evtl. vorhandenes Vermögen geprüft wird. Ferner müssen sämtliche Unterlagen auf den Tisch, die eine Verschuldung belegen, wie Rechnungen, Kreditverträge und Mahnbescheide.

Im Anschluss daran wird der Schuldnerberater mit den Gläubigern eine außergerichtliche Einigung verhandeln. Hierbei soll ein Schuldenplan klären, wie hoch die Verbindlichkeiten tatsächlich ausfallen und aus welchen Quellen fremdes Geld für einen Vergleichsvorschlag einbezogen werden kann. Verwertbares Vermögen wird veräußert und gemeinsam mit pfändbarem Einkommen an die Gläubiger verteilt. Sollten weder Einkommen noch Sachwerte pfändbar sein, gehen die Chancen auf eine außergerichtliche Lösung gegen Null. Sollten die Gläubigerparteien der außergerichtlichen und gütlichen Einigung nicht zustimmen, wird eine förmliche Feststellung der Schuldverbindlichkeiten durch das zuständige Insolvenzgericht angeordnet. Das Verbraucherinsolvenzverfahren wird eröffnet und es folgt der Gang vor Gericht.

2. Die gerichtliche Verhandlung

Es geht zunächst darum, die Privatinsolvenz bei dem am Wohnort zuständigen Amtsgericht anzumelden. Hierzu ist ein Antrag auf Restschuldbefreiung auszufüllen und dem Amtsgericht zu überreichen. Ein entsprechendes Formular dazu befindent sich auf justiz.de. Hierin sind alle persönlichen sowie wirtschaftlichen Verhältnisse offenzulegen. Für Berufstätige sind ferner Angaben zum Arbeitgeber sowie Einkommen Pflicht. Wer eine Privatinsolvenz ins Auge fassen möchte, benötigt konkret folgende wichtige Unterlagen:

– Gläubigerverzeichnis

Hieraus sollten alle Unternehmen und Privatpersonen hervorgehen, die Geldforderungen geltend machen. Die Höhe der jeweiligen Schulden sollte ebenfalls hervorgehen.

– Angaben zu Vermögen und Einkommen

Benötigt werden detaillierte Angaben zu Vermögens- und Einkommensverhältnisse. Durch diese Bekanntmachung soll sichergestellt werden, dass der Schuldner tatsächlich von einer unumkehrbaren Zahlungsunfähigkeit bedroht oder aber bereits zahlungsunfähig ist. Als Nachweise dienen hier beispielsweise Rechnungen, Einkommensbescheide und Kontoauszüge.

– Bescheinigung über das Scheitern des außergerichtlichen Einigungsversuchs

Der Insolvenzantrag setzt ferner eine Bescheinigung darüber voraus, dass der außergerichtliche Einigungsversuch gemäß § 305 Insolvenzordnung (InsO) gescheitert ist. Bestätigen darf dies nur eine anerkannte Stelle nach § 305 InsO.

– Abtretungserklärung

Diese benötigt der Schuldner um zu versichern, dass der Teil seines Arbeitseinkommens, welcher die Pfändungsgrenze überschreitet, zur Schuldentilgung herangezogen werden soll. Diese Erklärung ist für die gesamte Zeit der Restschuldbefreiung gültig. Sie umfasst auch Renten, Ruhegelder sowie vergleichbare Bezüge.

– Schuldenbereinigungsplan

Sofern Erfolgsaussichten bestehen, wird das Amtsgericht noch einmal versuchen, den bereits gefassten Plan zum Schuldenabbau durchzusetzen. Er tritt bereits dann in Kraft, wenn über die Hälfte der Gläubiger dem zustimmt. Scheitert auch dieser Versuch, wird ein Anwalt oder Steuerberater als Treuhänder bestellt, der Sach-, Geld- und Vermögenswerte akribisch prüft und Pfändbares an die Gläubiger verteilt. Steht hierzu nichts zur Verfügung, ordnet das Amtsgericht die sogenannte Restschuldbefreiung an. Diese kann er allerdings verweigern, wenn der Schuldner

– über seine Finanzverhältnisse in den letzten drei Jahren gelogen hat,
– bereits wegen Konkursbetrugs verurteilt wurde,
– sein Vermögen verschwendet hat.

3. Restschuldbefreiung

Jetzt beginnt mit der sogenannten Wohlverhaltensperiode der harte Weg der Privatinsolvenz. Denn diese Phase ist für den Schuldner mit vielfältigen Pflichten verbunden. Hierzu gehören:

Abtretung des pfändbaren Einkommens zu Gunsten des Insolvenzverwalters.
– Obliegenheit, im Zeitraum der Wohlverhaltensperiode seine gesamte Arbeitskraft zurVerfügung zu stellen. Hierzu gehört auch, sich um eine bezahlte und zumutbare Arbeit zu bemühen.

– Erfüllung von Anzeigepflichten. Dies bedeutet, dass der Schuldner demInsolvenzverwalter sowie dem Gericht Veränderungen von Vermögenswerten, Arbeitsstelle, Einkommen etc. mitteilen muss.

In der Regel dauert die Wohlverhaltensphase sechs Jahre. Nach dieser Phase ist der Schuldner, sofern er seinen Pflichten innerhalb dieses Zeitraums nachkommt, schuldenfrei.

 

Privatinsolvenz Hilfe und Tipps

Was kostet eine Privatinsolvenz?

Das Privatinsolvenzverfahren ist kostenpflichtig. Für das Verfahren fallen folgende Kosten an:

  • Gerichtskosten
  • Kosten für den Treuhänder oder den Insolvenzverwalters
  • ggf. Anwaltskosten (nur wenn Sie einen eigenen Anwalt beauftragen).
Wenn die eigenen Mittel nicht ausreichen, um die Verfahrenskosten zu decken, können Ihnen auf Antrag die Kosten für jeden Verfahrensabschnitt gestundet werden. Quelle und weiter Informationen dazu: verbraucherzentrale.de

Änderungen mit der zweiten Reform der Insolvenzordnung

Viele Jahre belief sich die Dauer des Verbraucherinsolvenzverfahrens auf zumeist sechs Jahre. In Folge der Aktualisierung des bisherigen Insolvenzrechts hat der Gesetzgeber Erleichterungen beschlossen, die dem Schuldner dabei helfen sollen, noch vor Ablauf der üblichen sechs Jahre seine Schulden loszuwerden. Unter bestimmten Voraussetzungen lässt sich das Insolvenzverfahren sogar auf drei Jahre reduzieren. Wurde die Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens nach dem 1. Juli 2014 beantragt, dann verringert sich die Laufzeit des Insolvenzverfahrens auf

– 5 Jahre, sofern der Schuldner in dieser Zeit sämtliche Verfahrenskosten (angefallene Auslagen, Kosten für den Insolvenzverwalter, Gerichtskosten, Mehrwertsteuer) – zumeist zwischen ca. 1.500 und 3.000 Euro – beglichen hat
– 3 Jahre, wenn innerhalb dieses Zeitraums alle Verfahrenskosten getilgt wurden. Zudem muss der Schuldner noch mindestens 35 Prozent der Gläubigerforderungen und demnach der Schuldsumme beglichen haben.

Somit kann die richterliche Restschuldbefreiung bereits nach drei Jahren erreicht werden.
Doch Vorsicht: Automatisch in Kraft tritt die Reduzierung des Insolvenzverfahrens allerdings nicht. Sind sämtliche Bedingungen für die Verkürzung des Insolvenzverfahrens erfüllt, ist beim zuständigen Insolvenzgericht zwingend noch ein Antrag auf vorzeitige Restschuldbefreiung einzureichen.

Geändert wurden mit der Reform auch die Versagungsgründe für eine Restschuldbefreiung (§ 290 InsO). Demzufolge kann ein Gläubigerantrag auf Versagung der Restschuldbefreiung jederzeit während des laufenden Privatinsolvenzverfahrens schriftlich gestellt werden. Insbesondere kann die Restschuldbefreiung nach dem 1. Juli 2014 dann versagt werden, wenn der Schuldner sich nicht um die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bemüht (§ 287 b InsO). Wurde zudem die Restschuldbefreiung rechtskräftig untersagt, kann ein neuer Antrag auf Privatinsolvenz nunmehr schon nach 5 Jahren gestellt werden.

Können auch Bezieher von Hartz IV oder ALG I ein Insolvenzverfahren beantragen?

Ja, dies ist durchaus möglich. Allerdings sind Empfänger von Leistungen aus Hartz IV oder ALG I dazu verpflichtet, sich während der gesamten Dauer des Verfahrens aktiv sowie mit aller Kraft um eine entlohnte Arbeit zu bemühen. Jegliche zumutbare Tätigkeit ist dabei anzunehmen. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass der Schuldner auch gewillt ist, für seine Schulden aufzukommen um im Zuge seiner Möglichkeiten auch einen eventuell pfändbaren Anteil am Einkommen an den Insolvenzverwalter abzuführen. Doch selbst dann, wenn dem Schuldner die Aufnahme einer zumutbaren Arbeit und Zahlungen an die Gläubiger nicht gelingen sollte, kann nach oben genanntem Schema eine richterliche Restschuldbefreiung erzielt werden. Sollte eine unverschuldete Arbeitslosigkeit erst später eintreten, so stellt dies bei einem laufenden Verfahren kein Hindernis dar.

Was gilt für Rentner?

Sofern der Schuldner das gesetzliche Renteneintrittsalter erreicht hat, entfällt seine Pflicht, sich um eine Arbeit zu bemühen und einer Berufstätigkeit nachgehen zu müssen. Dies gilt auch dann, wenn der Schuldner anlässlich gesundheitlicher Gebrechen oder Behinderungen gemäß ärztlichem Attest nicht in der Lage ist, einer beruflichen Tätigkeit nachgehen zu können.

Welche Verwandten dürfen zum Zwecke der Pfändung herangezogen werden?

In der Berechnung der Pfändungsfreigrenze werden auch Enkel, Eltern sowie Großeltern berücksichtigt, sofern sie unterhaltsberechtigt sind, genauso wie ein eingetragener Lebenspartner oder ein nicht verheiratetes Elternteil, welcher die Betreuung eines Kindes bis zu dessen dritten Lebensjahr übernimmt. Für den ersten Unterhaltspflichtigen steigt der Freibetrag laut Pfändungsfreigrenze um monatlich 400 Euro und für jeden weiteren Unterhaltspflichtigen um weitere 230 Euro. Ab fünf Unterhaltspflichtigen erhöht sich die Pfändungsfreigrenze nicht weiter.

Wie hoch fallen die pfändbaren Beträge aus und was muss nicht abgegeben werden?

Der Schuldner tritt nicht sein gesamtes Einkommen ab, sondern lediglich einen Teil hiervon. Die konkrete Höhe des pfändbaren Betrags hängt von der Höhe des Nettoeinkommens sowie der Zahl an unterhaltspflichtigen Personen ab. Hierbei hat der Gesetzgeber eine Pfändungsfreigrenze festgesetzt. Bis zu dieser Höhe darf das monatliche Einkommen nicht gepfändet werden, da es dem Schuldner zum Leben verbleiben muss.

Wie hoch ist die Grenze zur Pfändung des Einkommens

Aktuell liegt diese Grenze für Alleinstehende ohne unterhaltspflichtige Kinder bei 1.079,99 Euro. Über der Pfändungsgrenze gibt es eine Staffelung in 10 Euro Schritten, wobei jeweils immer 7 Euro mehr gepfändet werden dürfen. Besteht eine Unterhaltspflicht für ein Kind, so beträgt die Pfändungsfreigrenze 1.479,99 Euro, wobei mit jedem 10 Euro-Schritt 5 Euro mehr pfändbar sind. Bei zwei Kindern beläuft sich die Pfändungsfreigrenze auf 1.709,99 Euro und es müssen 4 Euro je 10 Euro-Schritt abgetreten werden. Zu den Unterhaltspflichtigen werden nicht nur Kinder, sondern ggf. auch getrennte bzw. geschiedene Ehepartner sowie Ehepartner ohne Einkommen gezählt.

Die Höhe der Pfändungsfreigrenzen wird alle zwei Jahre aktualisiert und durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) bekanntgegeben. Auf der Seite des Ministeriums lassen sich auch die genauen Pfändungsgrenzen abrufen.

Was darf gepfändet werden und was nicht?

Doch nicht nur Gehalt und Lohn sind pfändbar, sondern auch Sach- und Vermögenswerte, Lebensversicherung sowie weiteres Sparguthaben müssen vollständig an den Insolvenzverwalter abgetreten werden. Auch ein Boot, teure Malereien oder hochwertige Antiquitäten und weitere Wertgegenstände werden gepfändet. Eine eventuelle Eigentumswohnung müsste verkauft, schlimmstenfalls sogar zwangsversteigert werden. Allerdings gelten solche Gegenstände ausgenommen, die als notwendig erachtet und zu einer „normalen sowie bescheidenen“ Lebensführung benötigt werden.

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Selbst beim Auto gibt es Ausnahmen, etwa wenn das Fahrzeug unabkömmlich ist und vom Schuldner oder seinen Familienangehörigen unbedingt benötigt wird. Beim Fernseher oder PC ist zudem zu beachten, dass es sich hierbei nicht um ein Luxusgerät handeln darf, da der Insolvenzverwalter andernfalls eine Austauschpfändung zu Gunsten eines einfacheren Geräts vornehmen könnte. Nicht pfändbar sind ferner Sozialhilfe, Eingliederungshilfe, Erwerbsminderungsrenten oder Grundsicherungen im Alter. Eingezogen werden die pfändbaren Habe durch einen gerichtlich ernannten Treuhänder oder Insolvenzverwalter. Alles Pfändbare fließt der Insolvenzmasse zu und dient der Deckung der Verfahrenskosten sowie der Befriedigung der Gläubigerforderungen.

Formulare zum Downloaden:

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