Neuregelung der Umsatzsteuer ab 2015: Was Onlinehändler tun müssen

Viele Onlinehändler atmen auf: Endlich ist die Umstellung auf das SEPA-Verfahren erfolgreich umgesetzt. Doch für viele Onlinehändler bleibt keine Zeit zum gemütlichen Zurücklehnen. Schon im Januar 2015 kommt mit der Einführung der neuen Umsatzsteuer-Sätze für digitale Dienstleistungen und Produkte die nächste größere Veränderung auf sie zu. Dies bedeutet für einige Onlinehändler eine Menge Arbeit. Wer sich bereits jetzt mit der Umstellung auf neue Umsatzsteuer-Sätze befassen sollte und wer der Änderung gelassen entgegen sehen kann, erfahren Sie in diesem Beitrag.

Was ändert sich für Verbraucher und Onlinehändler?

Der Bundesrat hat am 11. Juli 2014 der Neuregelung der Mehrwertsteuer auf elektronische Dienstleistungen und deren Einführung zum 01.01.2015 zugestimmt. Damit wurde eine Vorgabe nach EU-Recht umgesetzt, wonach europäische Onlinehändler die Umsatzsteuer in das Land abführen müssen, in dem der Kunde ansässig ist. Bisher galt der Firmensitz des Unternehmens als Grundlage der Besteuerung. Kauft künftig ein deutscher Kunde beispielsweise eine App oder ein E-Book bei einem Onlinehändler im europäischen Ausland, fällt die Umsatzsteuer in Deutschland und nicht mehr im Heimatland des Händlers an.
Steuer

Wer ist von der Regelung betroffen?

Von der Neuregelung betroffen sind Unternehmen, die Telekommunikations-, Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen sowie elektronische Dienstleistungen an Privatpersonen in der EU bereitstellen und verkaufen. Darunter fallen unter anderem:

  • virtuelle Produkte wie E-Books, Apps, Spiele (einschließlich Glücksspiele und Lotterien), Filme und andere digitale Güter die zum Download angeboten werden
  • Webhosting-Dienste, Fernwartung und Dienstleistungen aus dem Bereich Software as a Service (SaaS)
  • Bereitstellung von Bildern wie Stockfotos, Desktop-Hintergründe, Bildschirmschoner, Vorlagen für Grafiker u.ä.
  • Bereitstellung von Texten, Tutorials, Artikeln, Anleitungen usw.
  • Bereitstellung von Musik und Hörbüchern

Ausdrücklich nicht betroffen sind Artikel physischer Natur, die per klassischem Versand zugestellt werden sowie Lieferungen an gewerbliche Kunden.

Welches Ziel verfolgt die Neuregelung?

Die EU will damit mehr Steuergerechtigkeit im E-Commerce für Onlinehändler schaffen. Bisher betreiben große Unternehmen wie Amazon oder Apple ihre geschäftlichen Aktivitäten in Europa aus Ländern mit extrem niedrigen Umsatzsteuer-Sätzen wie zum Beispiel Luxemburg. Diese Unternehmen werden mit der Neureglung gezwungen, ihre Umsätze aus dem Privatkundengeschäft in dem Land zu versteuern, in dem der Kunde wohnt.

Was jetzt für Unternehmen zu tun ist

Unternehmen, die die genannten Leistungen erbringen, müssen sich in den Ländern, in die sie verkaufen, umsatzsteuerlich erfassen lassen und den jeweils dort geltenden Melde- und Erklärungspflichten nachkommen.Umgekehrt müssen sich ausländische Unternehmen vom Fiskus in Deutschland registrieren lassen.
Außerdem sollten sich betroffene Onlinehändler schnellstmöglich über wichtige Bestimmungen zum Umsatzsteuerrecht in den Mitgliedsstaaten, in denen sie ihre Leistung erbringen, informieren. Schließlich müssen Vorkehrungen seitens der eigenen IT und Buchhaltung getroffen werden, denn künftig müssen Waren und Dienste mit unterschiedlichen Mehrwertsteuersätzen verkauft werden. Insbesondere die Rechnung muss den Richtlinien des Empfänger-Landes entsprechen.
Für die Einführung der Neuregelung ist keine Übergangsfrist vorgesehen, weshalb Onlinehändler, die derartige digitale Dienstleistungen erbringen, keine Zeit verlieren sollten.

Hier eine kleine Checkliste, was bereits jetzt intern auf der Agenda stehen sollte:

  • Trennung des Kundenstammes nach Privat- und Geschäftskunden
  • Korrekte Umsatzsteuer-Sätze in die Stammdatenbank einpflegen sobald der Wohnsitz des Kunden bekannt ist
  • Prüfung, ob die ausgestellte Rechnung den jeweiligen nationalen Vorschriften entspricht
  • Anpassung von Schnittstellen und internen Abläufen
  • Prüfung und Anpassung von Rechtstexten auf der Website und anderen Dokumenten

Insbesondere Startups sollten bei der Einrichtung ihrer IT-Systeme von vornherein an die entsprechenden Regelungen bezüglich ihrer Buchhaltung denken.
Laut Bund Deutscher Wirtschaft (BDW) ergibt sich ein neues Zusammenspiel mit den Finanzbehörden in den einzelnen Ländern, was in den meisten Fällen umfassende Fachberatung erfordert und mit erheblichen Kosten verbunden sein kann. Schließlich geht es nicht nur um den Ausdruck des Umsatzsteuer-Satzes auf der Rechnung, sondern auch um die Abgabe von Umsatzsteuererklärungen, um Einsprüche auf Erlasse und Bescheide, um Aufzeichnungspflichten sowie um die Anwendung von Sonderregelungen in der Besteuerung wie beispielsweise bei E-Books, die jeweils landestypisch geregelt sind.
Die Regelung bedeutet also nicht nur Änderungen im Ablauf und der Administration der Buchhaltung, sondern auch in der Kalkulation. Nicht zuletzt ergeben sich durch die unterschiedlichen Steuersätze neue Preisstrukturen.

Mini-One-Stop-Shop Verfahren soll Besteuerung erleichtern

Um zu vermeiden, dass sich Unternehmen in jedem Land der EU, aus dem Privatpersonen bestellt haben, einzeln zur Umsatzsteuer anmelden müssen, wird in jedem EU-Land ein „Mini-one-Stop-Shop“ (MOSS) als Anlaufstelle eingerichtet. In Deutschland lautet die offizielle Abkürzung für diese zentrale Anlaufstelle KEA („Kleine einzige Anmeldestelle“). Bei dieser Stelle, die dem Bundeszentralamt für Steuern (BzSt) angegliedert ist, registrieren sich Onlinehändler, die elektronische Dienstleistungen an Privatpersonen im EU-Ausland erbringen. Hier können dann die Umsätze, die in den übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union ausgeführt wurden, einheitlich auf elektronischem Weg erklärt und die Steuer insgesamt entrichtet werden. Die Mitteilungen müssen hier quartalsweise spätestens am 20. Tag nach Quartalsende eingehen. KEA bzw. MOSS führen dann für den Unternehmer die Steuer im jeweiligen Empfängerland ab.

Laut BzSt werden genauere Informationen voraussichtlich im September veröffentlicht. Als Starttermin stehe jedoch bereits der 1. Oktober 2014 fest. Ab diesem Tag können sich Unternehmen für das neue Verfahren registrieren lassen.